Ärztin über ihre Klinik: „Das ist toxisch, das macht krank“
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#pflege #krankenhaus
„Das ist toxisch, das macht krank“, klagt eine Assistenz-Ärztin die Zustände in deutschen Kliniken an. Die junge Frau berichtet über Schichten, in denen sie nicht einmal „auf Toilette gehen“ kann – und rechnet auch mit Patienten ab, die anderen die Betten stehlen.
Anna Maier (Name von der Redaktion geändert) ist seit einigen Jahren Assistenzärztin im Bereich innere Medizin und arbeitet an einer deutschen Universitätsklinik auf verschiedenen Stationen – darunter Notaufnahme und Intensivstation. Überlastung, Ärztemangel, Dauerstress, keine Pausen: Auf ihrer Arbeit erlebt die angehende Fachärztin Zustände, die aus ihrer Sicht nicht länger hinzunehmen sind und die sie an ihre persönliche Belastungsgrenze führen.
FOCUS online trifft die Medizinerin in ihrer Privatwohnung. Wegen einer mittlerweile ausgestandenen Lungenentzündung ist sie aktuell noch krankgeschrieben. Weil sie ihren Kollegen nicht zur Last fallen wollte, ging sie krank zu Arbeit und aus einer Erkältung mit Fieber entwickelte sich eine Lungenentzündung. Die Folge von Arbeitsbedingungen, die keine Zeit zur Erholung ermöglichen: „Die Arbeit macht krank,“ sagt die junge Frau im Interview.
Immer wieder wird von der Überlastung des Gesundheitssystems berichtet. Besonders angespannt sei die Lage in den Notaufnahmen. Doch wie steht es wirklich um die Notfall-Versorgung an deutschen Kliniken? Die angehende Fachärztin hat dazu eine klare Meinung: „Es gibt keine Notaufnahme, die Patienten noch aufnehmen kann. Wir haben kein Bett.“
Ein Grund für die Engpässe ist aus Sicht der Medizinerin die Erwartungshaltung mancher Patienten, die eine Behandlung in der Notaufnahme auch einfordern, wenn sie kein Notfall sind. Dadurch erschweren sie nicht nur den Ärzten und Pflegern die Arbeit – auch für Patienten, die wirklich dringend Hilfe brauchen, kann das ernste Folgen haben.
„Unsere Gesellschaft ist so verweichlicht und so anspruchsvoll, dass man den Leuten beibringen muss, was ein Notfall ist und was nicht,“ so Maier. Statt zum Hausarzt oder in die Apotheke gehen immer mehr Menschen direkt in die Klinik. Dort konkurrieren sie um freie Bettenkapazitäten mit den sogenannten elektiven Patienten – also denjenigen mit langfristig geplanten Operationsterminen.
Krankenhäuser sind bestrebt, Betten für die Elektivpatienten freizuhalten, um langfristig terminierte Operationen nicht zu verschieben. Es entsteht ein Patientenstau. Anna Maier: „Es gibt keine Betten, aber die Patienten werden trotzdem angekarrt. Ich bin danach zwei Stunden mit Verlegen beschäftigt und dann warten andere Patienten. Wenn ich eine Fehlentscheidung treffe, muss ich damit leben – und der Patient lebt dann vielleicht gar nicht mehr!“
Eine bundesweite Übersicht zu den aktuellen Betten-Belegungszahlen von Krankenhäusern gibt es nicht, aber ein Blick auf die aktuelle Verfügbarkeit von Intensivbetten auf Intensivregister.de zeigt, dass es in einigen Bundesländern zu besorgniserregenden Engpässen kommt. Im Durchschnitt verfügt eine Intensivstation über 10-12 Betten. Eine Verfügbarkeit von 10% bedeutet demnach ein freies Bett auf der Intensivstation. Problematisch wird ein freier Bettenanteil von unter 15% oder sogar unter 10% – wie etwa in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Niedersachsen, Berlin, Bremen und dem Saarland. Auf Kreisebene zeigt sich, dass es deutschlandweit mehrere Regionen gibt, wo keine Betten zur Verfügung stehen. Eine Situation, die für Anna Maier nicht hinzunehmen ist. Sie hat deshalb klare Forderungen an die Politik.