Energiekrise wird auch für unsere Kläranlagen zum Problem
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Kläranlagen brauchen Fällmittel, um Abwasser von Phosphaten zu reinigen. Weil deren Herstellung viel Energie braucht, stockt die Produktion. Manche Bundesländer erlauben jetzt höhere Grenzwerte. Zum Problem wird das spätestens im Frühjahr.
Viele Kläranlagen in Deutschland haben nicht mehr genügend Eisen- und Aluminiumsalze, um die strengen Richtlinien für Phosphate einzuhalten. Die so genannten Fällmitteln, die die Phosphate binden und mit dem Klärschlamm entsorgt wird, fallen normalerweise als Nebenprodukt bei der Herstellung von Salzsäure an. Diese Produktion wiederum stockt. Das hat zwei Gründe: Erstens ist die Produktion von Salzsäure energieintensiv und damit in Zeiten hoher Strom- und Gaspreise sehr teuer. Zweitens sinkt die Nachfrage nach Produkten, für deren Herstellung Salzsäure normalerweise gebraucht wird. Das sind zum Beispiel Farben und Lacke.
Im September meldete bereits jede vierte Kläranlage Ausfälle bei den Lieferungen der Fällmittel. Für den Oktober erwartet rund jede zweite Kläranlage Probleme. Das ist das Ergebnis einer Umfrage der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA). Lieferprobleme bedeuten nicht sofort, dass keine Fällmittel mehr vorhanden sind. Üblicherweise haben Kläranlagen einen Vorrat, der für mehrere Wochen oder Monate reicht.
Fehlt es an Fällmitteln, können die Betreiber nicht mehr genügend Phosphate aus dem Abwasser binden. Die Konzentration der Stoffe würde sich erhöhen. Das geklärte Wasser wird dann in Flüsse eingeleitet. Dort sind die Phosphate ein Problem, weil sie etwa Algen als Nährstoffe dienen. Die würden dann unkontrolliert sprießen, was wiederum anderen Pflanzen und Tieren im Wasser Nährstoffe und Sauerstoff entzieht. Manche Algenarten scheiden auch Giftstoffe ins Wasser aus, die für Flora und Fauna dort schädlich sind. Gelangen zu viele Phosphate ins Meer, können dort Algenteppiche entstehen, die zusätzlich das Sonnenlicht blockieren und so anderen Lebewesen schaden.
Solch dramatische Folgen sind durch den Fällmittel-Mangel in Deutschland nicht zu erwarten. Gleichwohl achten Behörden darauf, nicht zu viele Phosphate aus den Kläranlagen in Flüsse einzuleiten. In mindestens fünf Bundesländern – Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt – haben die Umweltministerium per Erlass die Grenzwerte für Phosphate kurzfristig erhöht. Kläranlagen müssen in den meisten Fällen aber genau nachweisen, dass die höhere Konzentration unbedingt erforderlich ist. Im Winter sind höhere Phosphat-Konzentrationen in Flüssen möglich, weil Algen in der kalten Jahreszeit sowieso kaum wachsen. Problematisch würde es, wenn die Notlage auch im kommenden Frühjahr oder gar Sommer noch anhält.
Um bis dahin gewappnet zu sein, gibt es mehrere Optionen, die je nach Klärwerk jetzt eruiert werden müssen. Eine simple Maßnahme wäre eine Zusammenarbeit regionaler Betriebe, um die vorhandenen Fällmittel optimal untereinander aufzuteilen. Sind dann immer noch zu wenige vorhanden, gibt es Ersatzmittel. Eine sind biologische Verfahren, bei denen Mikrobakterien im Wasser die Phosphate abbauen. Diese brauchen aber bestimmte Umgebungen in den Becken, die nicht jede Kläranlage einrichten kann. Deswegen hoffen viele Anlagenbetreiber auch, dass sich der Staat stärker für eine alternative Salzsäureproduktion einsetzt.
Da das Problem aber nicht nur in Deutschland herrscht, könnte sich die Lage auch schnell wieder entspannen. Josef Ortner, der mit seinem Unternehmen aus Passau rund 400 Kläranlagen mit Fällmitteln beliefert, rechnet frühestens ab Ende November oder Anfang Dezember mit einer Besserung, wie er dem MDR sagte .
Für den Menschen wäre ein erhöhter Phosphatanteil in Flüssen kein Problem. Die Stoffe sind auch für uns in der Regel Nährstoffe, die etwa für den Aufbau von Knochen und Zähnen und für die Säureregulierung im Körper benötigt werden. Müssen Kläranlagen aber mehr Phosphate in die Umwelt entlassen, könnten Sie das am Geldbeutel spüren, denn die Betreiber müssen für jedes Milligramm Phosphat bezahlen und würden höhere Kosten dadurch sicher über höhere Abwassergebühren an Verbraucher weitergeben.