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#rhodos #urlaub #flammen
Statt eines entspannten Urlaubs in malerischer Atmosphäre erlebt FOCUS online-Reporterin Alisa Röckener auf Rhodos einen echten Albtraum. Hier schildert sie, wie sie gemeinsam mit ihrem Freund Kevin in einer dramatischen Aktion der Feuerhölle auf der Urlaubsinsel entkam.
Sommer, Sonne, Strand und Meer: So haben wir uns eigentlich unseren entspannten Sommerurlaub vorgestellt. Als wir am 18. Juli auf Rhodos angekommen sind, brennt bereits ein Feuer auf der Insel. Wir haben uns erstmal weiter nichts dabei gedacht und sind davon ausgegangen, es wäre weit genug weg.
Schon als wir uns am Morgen des 22. Juli auf den Weg zum Frühstück gemacht hatten, stieg uns der beißende Feuer-Geruch in die Nase. Die Rauchwolken wurden immer dichter. Auch wenn die Direktion des Hotels beschwichtigen wollte und erklärte, mit den Behörden vor Ort im Austausch zu stehen, wurde die Atmosphäre zunehmend gespenstisch, weil plötzlich auch die Mitarbeiter der Anlage verschwunden waren.
Kurz darauf wurden wir dann doch aufgefordert, unsere Koffer zu packen - und das Chaos begann. Eine laut schrillende Sirene kündigte die Evakuierung an und unterstrich den offensichtlichen Ernst der Lage. Wir rannten auf unser Zimmer, warfen die wichtigsten Habseligkeiten in unser Gepäck. Überall waren Rauchwolken zu sehen und die Menschen, die sich, genau wie wir, eigentlich auf eine entspannte Auszeit gefreut hatten, rannten panisch vor das Hotel. Dort wurden von Mitarbeitern und Anwohnern feuchte Handtücher und Wasser verteilt.
Wir warteten auf Busse, die uns als Ausweg aus dem Inferno versprochen wurden. Schließlich kamen zwei von ihnen an und Frauen und Kinder sollten zuerst einsteigen. Verzweifeltes Personal versuchte, die panischen Urlauber zurückzuhalten, die massenweise auf sie zustürmten. Nachdem wir es in einen der Busse hineingeschafft hatten, landeten wir nach knapp 20 Minuten Fahrt, vorbei an dem Feuer und anderen wartenden Hotelgästen, an einem Strand.
Wir wussten nicht, wo wir sind und wie es weitergeht. Bis um 23.30 Uhr warteten wir dort ohne jegliche Unterstützung unseres Reiseveranstalters TUI. In der Ferne sahen wir das Feuer und direkt vor uns immer mehr Menschen, die ebenfalls an den Strand gebracht wurden.
Hunderte waren offenbar gezwungen gewesen, mit teilweise kleinen Kindern bei 37 Grad und ohne Wasser 15 Kilometer weit zu laufen, um endlich in einen sicheren Bereich zu gelangen. Vom Reiseveranstalter gab es zu dem Zeitpunkt noch immer keine Rückmeldung. Wir versuchten über 20-mal telefonisch mehr Infos von einem TUI-Mitarbeiter zu bekommen – vergeblich.
Am Strand herrschte das reinste Chaos. Die wenigen Busse, die kamen, um die Menschen an einen anderen sicheren Ort zu bringen, waren nicht annähernd ausreichend.
Schließlich schafften wir es doch in einen Bus. Wir warfen von hinten unsere Koffer in den Gepäckraum und stellten uns zu zweit auf die letzte Stufe am hinteren Eingang, den allerletzten Platz, der eigentlich gar nicht als solcher gedacht ist. Entsprechend gingen auch die Türen des Busses nicht zu. Die Leute schrien uns an und forderten uns auf, wieder aus dem Bus zu steigen. Ich war völlig aufgelöst und wollte um keinen Preis meinen Platz aufgeben und diesen Bus verlassen.
Kevin drückte mich in den Bus und hielt sich dicht an mir. Als die Tür sich doch schloss, weinte ich. Knapp drei Stunden dauerte die Fahrt quer über die Insel und die ganze Zeit hielt ich meine Augen geschlossen. Wir waren eingezwängt wie Tiere, aber in Sicherheit. Die Busfahrt endete an einem Hotel in Rhodos Stadt. Dort wurden wir von den Mitarbeitern herzlich empfangen, es gab die ganze Nacht warmes Essen, wir bekamen Decken und Kissen und legten uns in die Lobby des Hotels.
Zu den 800 Gästen, die ihren Aufenthalt hier gebucht hatten, kamen 1000 gestrandete Touristen hinzu. An Schlaf war nicht zu denken. Ob Paris, Wien oder Amsterdam, wir wollten einfach nur weg, egal was es kostet. Aber wir hatten kein Glück, auch nicht bei TUI und dem Auswärtigen Amt in Athen. Alle unsere Fragen blieben unbeantwortet. Zwar wurde, wie wir später erfuhren, zwischenzeitlich ein Krisenstab eingerichtet, aber wir fühlten uns trotzdem komplett auf uns allein gestellt.
Die rettende Idee war schließlich eine Fähre nach Kos. Von dort aus wollten wir einen Tag später nach Stuttgart fliegen. Ich war froh, eigenständig einen Ausweg gefunden zu haben und wurde von einem unglaublichen Gefühl der Erleichterung durchströmt, als ich die Fähre dann endlich einfahren sah. Wir wollten weg, andere kamen an, denn aus der Fähre fuhren Feuerwehrautos und freiwillige Helfer, um die Brände auf der Insel zu bekämpfen.
Davor habe ich den größten Respekt, war in diesem Moment aber einfach nur froh, all das hinter mir lassen und die Heimreise antreten zu können. Auf der Nachbarinsel Kos kam ich mir vor, wie in einer anderen Welt. Hier schienen Chaos und Panik auf Rhodos weit weg. Wir waren endlich in Sicherheit.
https://www.youtube.com/watch?v=ZtfDpKNcCfU